Etwas Ruhiges für die Weihnachtszeit (Pt. 1, Villagers)

Pünktlich zum ersten Advent schon die Nase voll von Last Christmas? Wenn schöne, melodiöse Musik als Untermalung für Plätzchenbackaktionen und Wohnungschmücken gebraucht wird, findet man stattdessen oft viel Kitsch. Aus diesem Grund werde ich im Dezember verschiedene Alben mit eher ruhigen Titeln vorstellen, die sich anbieten, um den weihnachtlichen Dauerbrennern wenigstens teilweise zu entgehen. Los geht’s mit Teil Eins: {Awayland} von Villagers.

Singer-Songwriter Conor O’Brien gründete Villagers 2008 in Irland nachdem sich seine vorherige Band trotz der sie hochlobenden Medien aufgelöst hatte. Unterstützt wird Sänger und Gitarrist O’Brien aktuell von einem Bassisten, einem Keyboarder, einem Schlagzeuger und Flügelhornisten sowie einer Harfinistin. Merkmale von Villagers Musik sind vor allem die etwas melancholischen aber reibungslosen Harmonien, die sehr präsente Akustikgitarre und die unbeschwert anmutende hohe Stimme O’Briens, obwohl die Lyrics meist eher das Gegenteil einer heilen Welt suggerieren. In den Tracks kommt jeder Musiker zum Zug, und doch ist die Musik eher zurückhaltend ruhig.
Insgesamt vier Alben hat die Indie-Folk-Gruppe bis heute veröffentlicht, {Awayland} entstand 2013 und wurde prompt zum Irish Album of the Year gekürt. Auch die anderen Alben wurden mit Auszeichnungen versehen und erhielten mehrheitlich positive Kritiken.

Fazit: {Awayland} von Villagers ist eine Zusammenstellung milder, harmonierender Klänge, die sich sehr schön als Hintergrundmusik eignen.

Ich wünsche allen LeserInnen eine besinnliche Adventszeit!

Links: http://www.wearevillagers.com/

William’s Orbit: Gitarrenrock mit Ohrwurmpotential

2012 kamen vier eingeschworene Rockfans in Weiden zusammen und gründeten eine Band mit dem spannenden Namen William’s Orbit. Im Eiltempo ging es über hunderte Konzerte, Tour mit Bluesman Jesper Munk, den ersten Platz beim Newcomer Contest Bayern und eine Crowdfunding-Kampagne fürs erste Album, deren Ziel innerhalb von sagenhaften zwei Tagen erreicht wurde, immer weiter nach oben – bis im März diesen Jahres leider, leider eine Bandpause auf unbestimmte Zeit bekanntgegeben wurde. Ihre Musik lässt sich aber natürlich trotzdem weiter aufdrehen.

Die Songs von William’s Orbit sind gitarrenlastig und gewinnen vor allem durch die raue Stimme des Sängers. Hört man bei der Debüt-EP Eurydice noch eine deutlichere Experimentierfreudigkeit mit hin und wieder sanften Klängen und Akustikgitarren, so merkt man bei Platte Nummer zwei ein selbstbewusstes Angekommensein in der alternativen Rockmusik. Once ist voll von Gitarrenriffs und lauten Akkorden.

Fazit: Dass in nächster Zeit eher keine neuen Aufnahmen von William’s Orbit zu erwarten sind, ist auf alle Fälle schade, schließlich ist die Musik vollgeladen mit griffigen Melodien, tollen Instrumentalparts und einer Stimme mit Wiedererkennungswert.

Links: https://www.br.de/puls/musik/bands/williams-orbit-vorgestellt-102.html
https://www.backstagepro.de/williamsorbit

Mit rhythmischen Drums in die Discos

In Großbritannien spielen sie schon bei den ganz Großen mit: The Guardian’s „Single of the week“, BBC Radio 1, Reading-Festival, Nominierungen für diverse Preise. In Deutschland sind sie dagegen noch nicht bei der breiten Masse angekommen, ihr Mix aus Electro, Pop, Shoegazing- und Indie-Rock macht aber einiges her. Die Rede ist von dem Trio Friendly Fires aus England, seit 2006 auf britischen Bühnen unterwegs.

Ed Macfarlane, Jack Savidge und Edd Gibson machen zusammen Musik, seitdem sie 13 Jahre alt sind. Über diese Zeit hat die Band sich und ihre Musik stark entwickelt bis sie inzwischen mit zwei Alben, mehreren Singleauskopplungen und großen internationalen Touren die Musikwelt bereichert haben.
Die Friendly Fires füllen kleine Clubs genauso wie riesige Festivalgelände, und das, obwohl ihre Musik einen doch recht eigenwilligen Charakter hat. Viel Elektronik, verfremdene Effekte und Einflüsse aus dem Techno auf der einen Seite. Auf der anderen Seite kommt neben der typischen Club-Mucke auch die „echte“ Musik mit Gesang und Instrumenten nicht zu kurz. Es wird viel getrommelt, auch unüblichere Rhythmen, was für einen gewaltigen Schwung und eine von vergleichbaren Electro-Gruppen ungekannte Komplexität sorgt. Ed Macfarlanes hohe Stimme passt genau in diese Art von Musik, in der alles passieren kann und nichts passieren muss.

Fazit: Das Hangeln durch die verschiedenen Genres machen die Friendly Fires mit links. Dadurch, dass sich die Jungs eben nicht an vorgegebene Wege halten, sondern sich auch trauen, nicht nur die für Electro typischen Merkmale immer weiter durchzukauen, gewinnt die Musik in jeder Hinsicht. Das Ganze wirkt dadurch so, als hätten sich einfach drei Freunde zusammengesetzt und gemacht, worauf immer sie Lust hatten, ohne sich von außen reinreden zu lassen.

Links: http://www.laut.de/Friendly-Fires

Von Albträumen und goldenen Buchstaben

Das Nürnberger Akustik-Trio mit dem untypischen Namen The Rose And Crown lässt sich musikalisch schwer in Schubladen stecken. Gut, auch die Besetzung ist alles andere als alltäglich: eine Sängerin, eine (ebenfalls singende) Pianistin und ein Schlagzeuger als Unterstützung. Die Band bewegt sich durch verschiedene Genres, von Pop- und Folkmelodien über verträumt langsame Balladen bis hin zu Jazzriffs und fetzigen Rhythmen.

Das Album Golden Letter der Band ist eine Kollektion von abwechslungsreichen Songs, trotz der stets gleichen Besetzung jeder anders als der andere. Der gleichnamige Track auf dem Album klingt jazzig-cool und ist doch spannungsgeladen. Das Klavierintro ist ein vielversprechender Einstieg, und auch der Einsatz der Sängerin enttäuscht nicht: Gleichermaßen ausdrucksstark und kräftig nimmt sich Mercan Kumbolu stellenweise aber auch zurück und baut Spannung auf. Das Piano spielt die Melodie partiell mit, ohne für eine nervige Dopplung zu sorgen und lässt immer wieder kurze Jazzeinlagen hören.
Ganz anders klingt da schon „Scary Nightmares“: Angefangen mit düsteren und sich wiederholenden Rhythmen im Klavier wird in den Strophen von gruseligen Albträumen, wie dem Nachbarn, der mit Pistole und blutigem Messer traktiert wurde, berichtet.
Insgesamt beweisen The Rose And Crown, dass sie in mehreren musikalischen Richtungen zuhause sind; geboten werden der Hörerschaft außerdem eine Fülle von verschiedenen Stimmungen und eine spannende textliche Variabilität.

Fazit: The Rose And Crown sind drei sympathische Musiker, die mit guten Ideen dabei sind und ihr Handwerk verstehen. Interessant werden ihre Titel durch vielseitigen Einsatz zweier Instrumente und zwei tolle Stimmen. Positiv fallen außerdem die charakteristischen Klaviersoli und -fills sowie die rhythmische Ergänzung durch das Schlagzeug auf.

Links: http://theroseandcrown.de/

 

Assaf Tuvia: Wie auf wogenden Wellen

Sanfter Elektropop, verspielt wehmütige Akkorde, dazu eine halb verträumte und doch irgendwie bodenständige Stimme. Bühne frei für einen Newcomer mit Potential.

Assaf Tuvia ist ohne Frage vielseitig begabt. Nach seiner Ausbildung als Toningenieur in seinem Heimatland Israel kam er vor wenigen Jahren nach Deutschland und lebt seitdem in Berlin. Der Musiker spielt Gitarre, E-Bass und Synthesizer, er ist Sänger, Komponist, Texter und Produzent. Nachdem er lange in verschiedenen Bands gespielt hat, bringt er nun bald sein erstes Album Sad but Happy in Eigenregie heraus.
Besonders charakteristisch für Tuvias Kompositionen sind wohl die beinahe tranceartigen Gitarrenklänge sowie der schwerwiegende, geruhsame Beat, durch den das Ganze aber erfreulicherweise dennoch nicht getragen wirkt. Seine Musik fühlt sich eher an, als würde in einer eigens erschaffenen Welt die Zeit verlangsamt. So liegt in Songs wie „Three Ways“ eine besondere Energie, die die Hörerschaft entspannen und in die Ferne träumen lässt.

Fazit: Assaf Tuvia experimentiert viel mit Stimmung und Atmosphäre. Seine Tracks laden ein, die Gedanken schweifen zu lassen und sein musikalisches Können scheint mühelos und anmutig. Die Tatsache, dass die Songs vom Künstler selbst produziert und größtenteils auch selbst eingespielt werden, lassen außerdem eine einzigartige Möglichkeit zur Selbstentfaltung zu.

Links: https://www.facebook.com/TUVIA-846662932149641/

The coolest and youngest band you need to know…

So betitelte die Website nylon.com 2014 ihren Artikel über das Duo Charlie Belle. Und das nicht zu Unrecht: Die auch inzwischen noch nicht einmal zwanzig Jahre alten Musiker klingen zum einen deutlich älter als sie sind, zum anderen geben sie – obwohl nur zu zweit – eine vollständige Indie-Pop-Band ab.

Nach einem Start als Trio mit Bassistin sind die beiden Geschwister Jendayi und Gyasi Bonds aus Texas seit ihrer zweiten EP allein musikalisch unterwegs. Erstere spielt E-Gitarre, ihr Bruder steuert das Schlagzeug bei. Zusammen ergibt das eine harmonierende runde Sache. Dazu kommt Jendayis angenehme Stimme, die zugleich voluminös und zurückhaltend ist und die sorglose Stimmung der selbstgeschriebenen Lieder.

Fazit: Charlie Belles Musik ist leicht zusammenzufassen: Der Fuß wippt mit, die Melodie bleibt im Kopf, das Herz geht auf. 

Links: https://www.theguardian.com/music/2015/jan/23/new-band-of-the-week-charlie-belle-no-39

Entspannen mit der versteinerten Gemeinschaft

Einen verregneten Nachmittag sollte man am besten auf einem bequemen Sofa mit einer Tasse Tee, einem guten Buch und dem Album Tell Where I Lie von Fossil Collective (= versteinerte bzw. fossile Gemeinschaft) verbringen.

Durch das gut abgestimmte Zusammspiel der Begleitinstrumente, das unaufdringliche Schlagzeug und den Verzicht auf allzu großen Spannungsaufbau entwickelt sich beim Hören schnell eine gewisse Tiefenentspanntheit. Die fließenden, oft noch lange ausklingenden Lieder mit ihren mehrstimmigen Passagen im Gesang nehmen spürbar die Hektik aus dem Alltag und sorgen für ein leichtes Zuhören.
Der Sänger überzeugt mit seiner sanften, klaren Stimme, die trotz eher hoch angesiedelten Melodien nicht zu sehr dominiert, sondern für einen angenehmen Klang sorgt. Die Akustikgitarre, die den wichtigsten Part der Instrumentation übernimmt, besticht währenddessen mit zur Melodie passender Einfachheit und beschränkt sich im Regelfall auf ein durchgehendes Schlag- oder Zupfmuster bei der Akkordbegleitung.
Auch andere Instrumente wie beispielsweise eine E-Gitarre treten ab und an auf und verleihen den ruhigen Melodien mit charakteristischen Intros oder Zwischeneinlagen einen besonderen Charme.

Fazit: Fossil Collective schaffen es jedes Mal aufs Neue, eine einzigartige Gelassenheit in ihrer Musik zu transportieren, indem die Musiker Instrumente wie Gesang gleichermaßen bescheiden wie pointiert einsetzen und den Fokus auf einen intensiven Gesamtklang statt auf Soloeinlagen oder einzelne Melodieführung legen.

Fossil Collective auf Soundcloud: https://soundcloud.com/fossilcollective

Der Sound eines Reisenden

Indie Rock trifft auf Folk, traditionelle Klänge aus dem Balkan auf chanson-ähnliche Passagen, unterstützt wird alles von Blechbläsern und Sänger Zach Condons einzigartigen Melodiefolgen. Kurz gesagt: Die Musik von Beirut ist schwer zu beschreiben.

Ähnlich schwer einzuordnen wie das Genre sind die Texte aus Condons Feder. Poetisch und gut ausgedrückt wie sie sind, lassen sie doch nicht selten nur schwer erahnen, welche Aussage sie uns mit auf den Weg geben sollen. Zu dieser entstehenden Verwirrung tragen außerdem die oftmals ausgesprochen skurrilen Musikvideos bei. So sieht man im Hintergrund von No No No einen Herrn auf einer Leiter die Wand hinter der Band streichen, der Pianist bewegt die Finger statt auf einem Klavier auf einem Küchenrost und ein älterer Mann zieht dem davon völlig unbeeindruckten Condon von hinten eine Flasche aus Zuckerglas über den Kopf. Zum Schluss erscheinen verschiedene Hände im Bild, die den in der Luft schwebenden Musikinstrumenten applaudieren. Nichtsdestotrotz zieht es das Publikum augenblicklich in diese abstrakte Welt mit hinein, denn gut gemacht sind die Videos allemal.

Die Titel der einzelnen Songs lassen auf weitgereiste Menschen schließen: Von Prenzlauerberg, Rhineland und Postcards from Italy auf dem ersten Album The Gulag Orkestar geht es nach Nantes, East Harlem, Brazil und Gibraltar bis ins August Holland und La Banlieue (die französische, meist von Armut geprägte Vorstadt), um nur einige Beispiele zu nennen. Und der Schein trügt nicht: Gründer Zach Condon, sechzehnjähriger high school dropout, also Schulabgänger ohne Abschluss, verließ das heimatliche New Mexico, um auf Europareise zu gehen (Stationen unter anderem: Paris, Amsterdam und natürlich Osteuropa). Die klangliche Vielfalt, die sich dem jungen Musiker während dieser Zeit aufgetan hat, muss er unaufhaltsam in sich aufgesogen haben. Nur deshalb kann die Zuhörerschaft seiner Alben sich ganz der musikalischen Diversität und Vielschichtigkeit hingeben, die Condon und seine Band in ihren Werken vereinen.

Fazit: Beiruts musikalischer Stil eignet sich zwar besonders am Anfang nicht unbedingt zum Mitsingen, gehört aber mit ihrer Mischung aus Melancholie und Guter-Laune-Musik plus der zum Teil einzigartigen Instrumentation und des herausragenden Talents Zach Condons bestimmt in jedes gut sortierte CD-Regal.

Links: https://detektor.fm/musik/album-der-woche-beirut-the-rip-tide