Was macht sie für dich aus, die Stadt in der du lebst? Sind es die Häuser, die Straßen, die Parks, vielleicht ein Fluss, die Gastro, Kinos, Theater? Zu all dem sag ich ja, für mich auch, aber der wirklich entscheidende Faktor sind die Menschen, mit denen ich mir all dies teile. Ich und sie, wir leben in einer mittelgroßen, eher konservativen Stadt mit einer langen Geschichte und wenig spannenden Perspektiven, zumindest was die Subkultur angeht. Abgesehen davon läuft hier vieles in meinem Sinne, aber darum soll es sich hier und heute nicht drehen, weil langweilig. Der Sommer ist da, stotternd, zögerlich, das ist es nun, das Sommermärchen 2024, ja ja. Es gibt ein paar nette Open-Airs hier, aber besser als Nile Rodgers, der mit seiner Band Chic alles spielt, was er für sich und andere Künstler geschrieben und produziert hat, also eine Art High-Class-Coverband, wird es nicht. Um so wichtiger deshalb, dass wir selbst was gebacken kriegen. Sei die Party, die du verdienst. Und da kommen wir wieder zu den Menschen, die diese Stadt mitgestalten, sie lebenswert machen, und einer davon ist Rapper Henning.

Unser Autor René ist selbst Musiker und passionierter Pop-Fan. Als etwas älteres Semester musste er von Boybands in Baggy Pants über Grunge bis K-Pop schon so einiges mitmachen. In seiner Kolumne „riffs & rants“ blickt er für uns mehr oder weniger regelmäßig auf neue Musik, Trends und Pop-Phänomene.
Wie der Name schon sagt, rappt er. Im besten Sinne Old-School: klar nachvollziehbare Beats mit Bass Drum auf der Eins und Snare auf der Drei, kein wahnsinniges Experiment um des Experiments Willen, funky, oft minimalistisch instrumentiert bzw. vermutlich gesampelt. Der Beat, der Flow, die Haltung, die passen beim Rapper Henning. Deutsche Texte, Anglizismen included. Seine frühesten Releases finde ich auf Bandcamp 2017, da war er Hier, 2020 Nachtaktiv, dazwischen und drumherum gab es auch Allerlei, auch auf Tapes für die Vitrine. Hören kann man das nämlich quasi überall digital. Geht er auf die Bühne, begleitet ihn seine Band, die seine einzigen Freunde sein sollen (was aber gar nicht stimmt, wenn ich mit Henning quatsche, und alle fünf Minuten jemand Bekanntes des Weges kommt). Ein bunter Hund. Nur angebracht, dass er jüngst Konzerte mit seinen neuen Freunden ankündigte.
Inhaltlich, auch textlich, da bin ich grundsätzlich auf Rapper Hennings Seite. Ich bin sogar recht sicher, wir stehen auf derselben Seite, der des Lichts. Er benennt die Dinge des Lebens in all seinen Facetten, die großen wie die kleinen. Ich struggle lediglich mit Zeilen, wo pauschal über die Verlogenheit von Politikern sinniert wird. Das finde ich, mit Verlaub, zu stark vereinfacht. Die eigene Unzufriedenheit über das bestehende System zum Ausdruck zu bringen, ist unbedingt richtig, aber in dieser plakativen Art ist mir das zu populistisch, auch wenn die Intention zweifelsohne eine gute ist. Aber hey, wenn es so gar nicht aneckt, ist es ja auch für die Tonne. Und die Reime, die sind fett.
Yeah Yall nennt er es, wenn er auflegt oder auflegen lässt, Konzerte und Jam-Sessions veranstaltet. Besonders letztere haben sich zu einem feinen Get-Together der lokalen Musikszene entwickelt, die Instrumentalist*innen sind skillig, es wird oft jazzig, seltenst scheiße, nette Leute, feine Sache. Dafür danke.
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Autor:
René Grandjean
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