Kalte Liebe in Frankfurt: Irgendwo zwischen Schall und Schweiß den Dopaminrausch leben

Die Musik von Kalte Liebe ist ein einziger Dopaminrausch, der schrille Gesang, der Kopf bis Fuß durchdringt, der Bass, der das Herz schneller schlagen lässt, Strobolichter, Schall und Schweiß im ganzen Raum, der Boden, der unter den Füßen vom Stampfen vibriert. Das Zoom in Frankfurt ist eine bekannte Location für Clubnächte und Konzertabende. Das Produzentenduo Kalte Liebe hat die Experience von einem Konzert innerhalb weniger Minuten, durch seine ganz eigene Energie in wilde Clubstimmung verwandelt.

Etwas anderes, als zu tanzen, war nicht drin, die Performance von Andi und Eugen hat die Crowd mitspringen lassen. Ihre Tracks bestehen aus einer Mischung aus Techno, EBM und Dark Wave und verzerrten Vocals. Sie kombinieren analoge, rohe Elemente mit ihrem basslastigen Stil, ganz nach dem Motto: Der Bass muss ordentlich knallen. Verschiedene Genreeinflüsse passen sie ihrem Stil an und interpretieren sie neu. Zu ihrer Musik gehört das Gefühl des Erlebens dazu, die Tracks sind eine Mischung aus dieser besonderen energetischen Aura im Club und dem Gefühl, intime Gedanken nachempfinden zu können, auch negativen oder schmerzhaften Gefühlen Raum zu geben.

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ANGER: von sanft bis explosiv

Den Traum unter Freund*innen, zusammen Musik zu machen, nahmen Nora Pider und Julian Angerer 2017 selbst in die Hand. Ihr Stil dabei: Pop, der Techno und Gefühl verbindet und die Brücke schlägt zwischen Brixen in Südtirol (dem Heimatort der beiden) und dem städtischen Wien. In ihre Texte auf Deutsch, Italienisch und Englisch verpacken sie gekonnt Themen wie Liebe, Herzschmerz und Sehnsucht – dazu beweisen sie musikalische Bandbreite. 

Der Sound von ANGER deckt von verletzlich und ruhig bis hin zu hart und straight-forward alles ab. Glaubt man, man hätte die Melodie eines ANGER-Songs verinnerlicht, dreht sich die Stimmung um 180 Grad, Beat und Gesang ändert sich komplett. Bevor man auch nur im Ansatz „Danke, nächster Song!“ denken kann, wird noch einmal voll aufgedreht und mit einem Knall geendet. Gute Beispiele dafür sind „Elba“ und „Ab und zu“. 

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betina quest: Nina Simone neu gedacht

betina quest ist eine Geschichtenerzählerin – und zwar eine besonders gute, und wer ihren Songs aufmerksam zuhört, weiß auch, warum. Die in Deutschland geborene Sängerin mit burundischen Wurzeln setzt sich in ihren Songs mit vielfältigen Themen auseinander: Sie schreibt und singt über die Komplexität des Lebens afrikanischer Frauen, über Resilienz und über die sich immer wieder stellende Frage nach Identität.

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Schmeiß das Frettchen in die Wanne

Jeff Bridges ist mir in seiner Rolle als der Dude im großartigen The Big Lebowski ein echtes Vorbild. Ohne Schnickschnack lebt er einen entspannten Alltag jenseits überzogener Erwartungshaltungen, überkandidelter Ziele oder nervenaufreibendem Ehrgeiz. Mit den Kumpels zum Bowling, was kiffen, ein gut gemixter White Russian und ein Plausch an der Bar, was will man mehr. Was braucht man mehr? Nahezu buddhistisch, sicherlich stoisch, mag ich nicht nur die Figur – auch Jeff Bridges, tatsächlich Buddhist, ist im Alter smart as fuck. Das strebe ich an, aber erst im Alter, also stay tuned.

Die Ereignisse in The Big Lebowski nehmen ihren Lauf, als deutsche Nihilisten dem Dude die Tür eintreten, ihm ein Frettchen in den Schritt werfen und auf seinen Teppich pissen. Jenen Teppich, der das Zimmer erst richtig gemütlich macht. Alles wegen einer Verwechslung. Was lernen wir daraus? Egal wie friedlich, bescheiden und unter dem Radar du dein Leben führst, es kann sein, dass plötzlich wer deine Tür eintritt und auf deinen Teppich pisst.

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Portraits Of Tracy: Hip Hop und Pop in irrsinniger Allianz

Portraits Of Tracy ist das Künstlerprojekt des seit seinem fünfzehnten Lebensjahr musikalisch umtriebigen Couren Bowman aus Louisiana. Als Couren The Producer hat er unter anderem Releases von Tyler, the Creator neue Beats verpasst und diese neben eigenen Tracks auf Youtube veröffentlicht, womit er sich bereits an die 30.000 Follower erarbeitet hat. Im Mai brachte der inzwischen 18-jährige Rapper, Vocalist und Multiinstrumentalist sein bereits drittes Album heraus.

Drive Home hat achtzehn Tracks, die zwischen Battle-Rap mit jugendlicher Attitüde (manchmal mutet Courens Stimme nahezu kindlich an) und Pop-Hymnen mit wabernden Synthesizer-Flächen, dann wieder Klangcollagen und Spoken-Word-Hörspielen umhergeistern, jedoch nie irren, weil die Produktion das Ganze zusammenhält. Die Beats sind so fett, dass meine Abspielgeräte verzerrend in die Knie gehen, was Absicht sein mag (nicht muss), dem Ganzen nicht schadet und vielleicht auch daher kommt, dass mein Hifi-Equipment Schrott ist. Denke ich kurz, ich habe alles gehört und Couren durchschaut, belehrt mich der Track “The Afterparty” eines Besseren: jazziges Klavier, massiges Arrangement, betörend schöne Vocals und ganz viel Pathos. Junie ist der Name des Protagonisten in den Tracks – macht man 2023 ernsthaft wieder Konzeptalben? Die Hörspiel-Passagen scheinen eine Rahmenhandlung vorzugeben, die in den Tracks weitererzählt wird. Bei Junie läuft es nicht rund, die Dialoge enden im Streit oder mit Schüssen. Besser ist, man fährt heim.

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Flavien Berger: Zeitlose Ohrwürmer aus Paris

Elektronische Musik ist auch im Mainstream auf dem Vormarsch, aber der Pariser Sound-Designer Flavien Berger ist schon seit einiger Zeit ein vielversprechender Protagonist der französischen Szene. Sein Stil lässt sich irgendwo zwischen Psychedelia, Elektro-Pop und Ambient verorten.

Diese Vielseitigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch seine Alben. Seine neueste Platte Dans cent ans (zu deutsch „in hundert Jahren“) ist im März erschienen und erforscht die Grenzen des Pop-Genres. Auf der einen Seite gibt es da den Track „D’ici là“, der unbeschwerten, elektronischen Ambient mit warmen Chören kombiniert. Dann gibt es da aber auch den Titel-Song des Albums, der nicht nur aufgrund der epischen Länge von 15 Minuten heraussticht, sondern auch durch die bedachte Komposition: Oboen und Flöten unterhalten sich mit dem unaufgeregten Gesang von Berger, dazwischen klingen stellenweise harte Synthesizer durch.

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vega vi: Electronic-Traumwelt

vega vi ist das Soloprojekt einer deutsch-dänischen Newcomer-Künstlerin, die inzwischen in Berlin lebt und ist hier hobbymäßig auch als DJ unterwegs. Recht frisch hat sie ihre erste EP Love Letter veröffentlicht.

Wer bei Love Letter allerdings eine weichgespülte Pop-Platte erwartet, täuscht sich. Die erste EP der Musikerin ist ein musikalisches Statement. Als stetige Konstante leitet uns vega vis Stimme durch die verwaschenen Fahrwasser der sechs Songs. Die Beats dazu sind originell, der Sound ist mal düster, mal melancholisch und voller sphärischer Ideen, auch eine schlichte Klavierbegleitung kommt mal zum Zug – oder wie die Künstlerin ihre Musik selbst beschreibt: „Kings of Convenience go Woodstock underwater on dark acid.

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Interview: How do you create an inclusive festival, Eilis Frawley?

It started as a concert series in 2016, by now Bang On has turned into an intimate two-day festival with twelve acts on two stages in the heart of Berlin. The festival focuses on giving Berlin-based bands and FLINTA artists (female, lesbian, intersex, non-binary, trans and agender) a platform in an accessible environment – both venues are barrier-free. Eilis Frawley, a professional drummer and the inventor of Bang On, gives an insight in how to organize a festival and talks about why she loves seeing musicians being on stage for the very first time. Tickets for the festival on September 30 and October 1 are available here or at the door during the event.

Festival-Poster mit Lineup: Amigdala, Baby Smith, Clear History, Drowning Dog and Malatesta, Halfsilks, Liiek, Lucy Kruger and the Lost Boys, Mellie, Odd Beholder, Theyy, TheOtherWithin, Zoom Zoom Rentals

Musik unterm Radar: Eilis, it’s been six years since you’ve started Bang On. What did you have in mind when you came up with this project?

Eilis Frawley: My idea was to invite local bands, get more FLINTA musicians on stage and make an event that is for everybody. The music scene can be quite cliquey, but I think there should be a place where everyone can come to. That also means that the tickets have to be affordable because that’s part of making it as inclusive as possible. This is a big problem in the music industry: Musicians should be paid well, but that should not only be the responsibility of the people attending. Otherwise, it will become a matter of social class since you need a certain amount of money to take part. We are very lucky to be funded by the Musicboard Berlin. That keeps it very affordable, and everybody gets paid fairly. We want to make sure that if you can’t afford the ticket, you can still come. You can write to us and we will find a way. With small events like this you have that feeling of trust, which I really like.

You said that Bang On should be an event for everybody. Did that work out from the start? Was the audience as diverse as you had hoped?

No. (laughs) To try and be inclusive doesn’t necessarily change who attends right away. It takes years to build a reputation and reach the right communities. But we are a very small festival and we have time to let it grow. We’re not trying to reach a commercial status. It’s all about the community and about love for artists.

Who chose the artists for the festival and what were the criteria for your decision?

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Nordir: mystischer Indietronic-Sound

E-Drums, Looper, E-Gitarren und Synthesizer kommen zum Einsatz, wenn Viktor Nordir und Lars Maier ihr modernes Klanggeflecht ausklamüsern. Das Ergebnis ihres Duos Nordir ist ein verträumter Mix aus Indiepop, psychedelischen Retro-Einflüssen und einer hypnotischen Stimme.

Die beiden Mitte-dreißig-Jährigen engagieren sich mit ihrer Musik außerdem durch Auftritte auf Festivals gegen Fremdenfeindlichkeit – was ihnen vielleicht auch wegen ihrer eigenen Geschichte am Herzen liegt (Viktor wurde in Sibirien geboren, Lars in Malaysia). Heute werkeln die beiden in Ulm an ihrer Musik und haben dafür nicht nur den Deutschen Rock und Pop Preis abgesahnt, sondern auch schon mit Größen wie Get Well Soon auf einer Bühne gestanden.

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