Rome Is Not A Town: verträumte Post-Punk-Melodien kompromisslos nach vorn

„We have a history of great tension in the band! And maybe if we were completely sane we would have ended it by now.“

Mit diesem Satz bringen Rome Is Not A Town beinahe beiläufig die Schwierigkeiten, Herausforderungen und Spannungen der letzten Jahre auf den Punkt. Aufgeben? Wäre verständlich gewesen. Doch stattdessen kommt das Post-Punk-Quartett aus dem schwedischen Göteborg kraftvoller und authentischer zurück, als man es je von ihnen gehört hat. Eine Band, in der aus Reibung neue kreative Energie entsteht – und schwierige Zeiten am Ende enger zusammenschweißen. „But going through all this together, good and bad, has made us tighter than ever“, sagen sie heute.

2015 haben die vier Musikerinnen ihre Debütsingle „Stupid“ veröffentlicht und damit sofort gezeigt, was Göteborg im Post-Punk zu bieten hat: fuzzig-verschmutzte Gitarrensounds, Drums und Basslines, die kompromisslos nach vorne ziehen, verträumte Post-Punk-Melodien – und Vocals, die eine leicht aggressive, provokante Würze oben drauflegen.

Mit dem Album It’s a Dare (2017) brachten Rome Is Not A Town ihren experimentellen Sound endgültig auf den Punkt: Hier finden wir eingängige Melodien kombiniert mit einem rauen, noisy Gitarren-Vibe, der sich im Kopf breitmacht. Songs wie „Common Sense“ oder „I’m in a Brand“ sind dafür beste Beispiele.

Nach zwei EPs in den Jahren 2021 und 2022 melden sich Rome Is Not A Town nun mit neuem Material zurück. Doch der Weg dorthin – und der kreative Prozess des Songwritings – stellte sich alles andere als einfach dar. „We started from nothing over and over again every time it was time for rehearsal. From one point of view, that was exhausting – imagine building everything from scratch with four very different personalities.“

Die musikalische Diversität und die vier starken Charaktere innerhalb der Band wurden schließlich zu ihrer großen Stärke. Die Spannungen, die dabei entstehen, spiegeln sich in den Songs wider und formen den einzigartigen Sound der Band.

Für 2026 kündigt das Quartett ein neues Album an und hat nun mit „Echoes of Love“ den Titeltrack als Single veröffentlicht. Der Song lässt die Hörerschaft so nah an die Band heran wie kaum ein Track zuvor. Die warme, grungige Gitarre legt sich wie ein Film über alles, während sich die Gesangsmelodien weiter öffnen als bisher gewohnt. Dennoch bleibt diese düstere Grundstimmung bestehen – die Tiefe durch den Bass, das Weite durch die Drums.

Insgesamt klingt die Band erwachsener, offener, verletzlicher. Rome Is Not A Town selbst sagen, dass „Echoes of Love“ etwas Neues für sie ist. Der Song trägt all das in sich, was die Musikerinnen in den letzten Jahren erlebt und durchgemacht haben, und zwar ohne Ironie und ohne Distanz. „Echoes of Love“ lässt die bisherige Schutzmauer komplett einstürzen.

Der Weg, den die Band in den letzten Jahren gegangen ist, ist auch in der im Oktober veröffentlichten Single „Golden Fever“ deutlich zu hören. Sie sagen selbst, dass sie persönlich gewachsen sind und sich vieles verändert hat, innerhalb der Band wie auch im Privaten. Ein Wechsel am Schlagzeug, die Pandemie, Burnouts, Therapie, Elternsein, Umzüge. Sie mussten kämpfen um ihren gemeinsamen musikalischen Weg. Und genau diese neue Reife hört man. „It’s been a development. And now, with Echoes of Love, we wanted to say something for real and not through a lens of irony or rhythms. So yeah, we’ve been very aware of the change!“ Man bekommt das Gefühl, dass man hier erst am Anfang steht.

  • Meilensteine:
    • 2017 Debüt It’s a Dare
    • 2021 EP Living in the waitlist
    • 2022 EP Tender Arms Power Heels
  • Links:

Autor:

Marius Schieke


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