Tim Eulenspiegel ist Lead-Gitarrist und zweiter Sänger der Koblenzer Band Ultraschall (hier geht’s zum originalen Beitrag). Ein Gespräch über Schaffensdrang, die neue Single und ein Bandleben trotz Alltagshürden.
Musik unterm Radar: Alternative Rock und deutscher Sprechgesang klingt erst einmal nach einer untypischen Kombination. Wie hat sich euer Stil entwickelt? Gibt es musikalische Vorbilder, auf die ihr euch alle einigen könnt?
Tim Eulenspiegel: Wir fühlen uns ein bisschen als das deutsche Baby von den Red Hot Chili Peppers und Rage Against The Machine. Die Koblenzer Musikszene ist eher klein, so haben wir uns schnell gefunden und der Stil stand dann auch recht bald fest. Überhaupt sind wir eine totale Jam-Band und basteln mit Melodie- und Textschnipseln im Proberaum so lange bis uns ein Thema gefällt.
Eure neue Single „Ascheregen“ ist ein ziemlich lauter, wütender Song. Ich höre junge Menschen, die um ihren Platz im Leben kämpfen. Trifft das zu?
Ja, schon. Der Ascheregen ist im Grunde all das, was im Leben so auf einen einprasselt. Im Hinterkopf hatten wir natürlich die junge Generation, aber eigentlich haben Menschen jeden Alters ihren Ascheregen. Es geht um dieses Gefühl, dass da ein „Ich“ auf der Suche ist und dass man nicht der einzige ist, dem das so geht. Das war eigentlich auch der Grundkonsens für die ganze EP.
Ihr vier seid mit Anfang 20 auch Teil dieser Generation. Was ist euer persönlicher Ascheregen als Band?
Zum Beispiel die Post vom Finanzamt. Dann muss man Steuern zahlen, hat kein Geld fürs Studio und auf dem Weg zum Konzert hat auch noch der Sprinter einen Platten.

Du hast schon angesprochen, dass man „Ascheregen“ auch auf eurer aktuellen EP Odyssee findet, die jetzt schon ein paar Monate draußen ist. Wie ist die Resonanz bisher?
Richtig gut, wir sind total glücklich! Wir haben viele Nachrichten über die sozialen Netzwerke bekommen. Aber am schönsten ist es natürlich, wenn die Leute nach einem Konzert zu uns kommen und sagen, dass sie gut finden, was wir machen. Außerdem gibt es die EP tatsächlich auch gar nicht digital und wir haben uns sehr gefreut, wie viele Menschen doch noch CDs kaufen. Das war schön zu sehen, denn bei einer CD hat man zum Beispiel was das Artwork angeht viel mehr Möglichkeiten.
Ihr habt seit eurer Gründung 2016 zwei EPs veröffentlicht, einen Preis bei den Berliner Festspielen abgesahnt und über 100 Konzerte und mehrere Touren in ganz Deutschland gespielt. Nebenher macht ihr eine Ausbildung oder studiert, bei dir steht die Masterarbeit an. Wie passt das zeitlich zusammen?
Jeder von uns achtet darauf, dass das mit Band und Alltag funktioniert. Ich bin ja Lehramtsstudent, möchte aber nach meinem Master noch promovieren, unter anderem, damit ich genug Zeit für die Band habe. Das wäre schwierig, wenn ich direkt in der Schule stehen würde. Unser großer Traum wäre es schon, irgendwann komplett professionell einfach Musik zu machen. Aber wir sind unglaublich dankbar, so lang wir das alles so machen können wie jetzt.
Ihr scheint ja in einem ständigen Schaffensprozess zu sein. Was plant ihr als nächstes?
Erst einmal bringen wir die anderen Songs der EP als Singles heraus. Aber um ehrlich zu sein: Studio macht Spaß – ein bisschen wie Kinderspielplatz – aber eigentlich sind wir eine passionierte Liveband. Trotzdem wollen wir ab September eine Bühnenpause einlegen, denn wir haben für 2020 etwas Großes geplant: Wir stellen nämlich als Band unser eigenes Festival auf die Beine.
Klingt spannend, wie kam denn die Idee auf?
Das war eine totale Schnapsidee. Wir dachten, wenn schon eine Live-Pause, dann muss auch etwas wirklich Geiles dabei herauskommen. Und wenn andere Bands Jahresabschlussgigs spielen, machen wir halt ein Festival. Wir werden sehen, was dann noch an Arbeit auf uns zukommt, aber das machen wir immer so: Wir stolpern so rein und wurschteln uns dann irgendwie durch. Bisher hat das immer geklappt – auch mit dem Finanzamt.
Lieber Tim, ich wünsche euch viel Erfolg und bedanke mich für dieses Gespräch!
Das Tagedieb Festival von Ultraschall findet am 17.4.2020 im Koblenzer Café Hahn statt. Tickets gibt es jetzt schon auf der Website der Band.