Ebows Musik überzeugt mit Kontrast: Ihre Raps sind schonungslos, zeitgemäß, entwaffnend ehrlich und verführerisch. Damit ist die Künstlerin zweifellos eine der zur Zeit authentischsten deutschen Rapper*innen. Ebow kommt gebürtig aus München und ist Enkelin von nach Deutschland immigrierten kurdischen Arbeiter*innen. Die eigene Biografie ist auch Ausgangspunkt für politische Reflektion, die sie in ihren Songs zum Ausdruck bringt: Themen wie die kurdische Diaspora, Rassismus, Queerness und Kapitalismuskritik sind elementarer Bestandteil ihrer Musik.
Im März hat die Rapperin ihr viertes Studioalbum gedroppt: Mit Câne gelingt der Rapperin Ebow ein textlich wie musikalisch facettenreiches Album. Während am Anfang Gangster- und Battle-Rap-Elemente und Lyrics in double-time auf drängenden Beats überwiegen, mündet der zweite Teil von Câne in Tracks über körperliche Anziehung und Verliebtsein. Der Track „ARABA“ bietet mehrsprachige Lyrics auf einem modernen, bassdominanten Trap-Beat gespickt mit Motorengeräusch – denn das türkische Wort araba kann Kutsche, Wagen oder Auto bedeuten. Im Musikvideo sieht man Ebow im hellblauen Lamborghini posen. Der Song mokiert sich gekonnt über hypermaskuline Attitüden im Deutschrap und kontert mit Authentizität und queerem Empowerment. Auf den Beats von Produzent Jonas Tewe Braun behauptet sich die Rapperin mühelos und macht einigen männlichen Deutschrappern Beine. Zwischendurch zitiert Ebow Deutschrapkollegin Shirin David und zeigt, dass sie in der Deutschrapszene emanzipatorische Banden bildet.
In „Prada Bag“ führt Ebow den Zuhörenden ungeschönt vor Augen, wie es ist, in einer rassistischen Gesellschaft als Mensch zweiter Klasse behandelt werden. Zu Beginn des Songs gibt sich Ebow als Konsumgöttin, der es um Cash und Marken geht – ein Bild, das sie im zweiten Teil des Songs dekonstruiert: „Das Traurige daran ist, dass du mehr Respekt vor dem Kapitalismus an mir hast als vor mir selbst; aber deswegen flex‘ ich mit jedem Cent. Nicht für euch, nein, nein, für mich selbst. Ich gönne mir das, was keiner mir in diesem Land gönnen würde“.
Fazit: Ebow hält in ihrer Musik die Balance zwischen Liebe, Unbeschwertheit und Gesellschaftskritik. Dabei macht sie Deutschrap mit Haltung und nutzt die Musik als Empowerment-Space. Gerade in Zeiten, wo ein steigendes Bewusstsein für strukturelle Diskriminierung in Deutschland sichtbar wird und trotzdem immer wieder rassistische, sexistische, queerfeindliche oder antisemitische Angriffe auf Personen verübt werden, sind Stimmen wie die von Ebow im Deutschrap wichtiger denn je.
- Meilensteine:
- 2013 Ebow
- 2017 Komplexität
- 2019 K4L
- 2019 EP Ebow 400
- 2022 Canê
- Links:
Instagram: @ebow.mp3
Link zum Pressekit: http://www.ebow4life.net
Autorinnen:
Hutham Hussein und Hanna-Maria Paul