Schimmerling: der gute Kinski des Stadionrock

Schimmerling aka Simon Klemp begegnete mir zum ersten Mal vor x Jahren auf einer kleinen Bühne in unserer Stadt. Zur akustischen Gitarre spielte er seine Songs mit der ihm eigenen fiebrig-rastlosen Attitüde, großer Klappe und einem Gestus, der klar machte, dass er auf die große Bühne gehört.

Da ist er mit seinem aktuellen Projekt Schimmerling inzwischen angekommen. Nicht nur ich, auch Sony erkannte das Potential des Bonners mit der diskutablen Frisur und nahm ihn unter Vertrag. Mit seiner großartigen Band im Rücken durfte er neben der aktuell nicht enden wollenden Ochsentour frühe Slots bei Rock am Ring und Rock im Park 2022 absolvieren.

Schimmerling sind Stimmen, Bass, Gitarren, Schlagzeug, Keyboards, eine klassische Besetzung. Was das Genre angeht – da kann man nicht umhin, das Kind beim Namen zu nennen – stecken sie knietief im Stadionrock. Das war über einige Jahre hinweg ja sehr unpopulär, völlig unsexy sogar, aber die Zeiten ändern sich und selbst Toto ist ja inzwischen rehabilitiert. Zeitloses Songwriting, softer Rock mit hymnischen Refrains, dargeboten mit erhobener Faust und voller textlicher Kampfansagen, die mitgegrölt werden sollen, sind Kernkompetenz. Daneben viel schmusiger Kitsch über die erste Liebe am Baggersee oder die Kindheit, der uns fest in seine Arme schließt und zum Schunkeln auffordert. Nichts Neues ist das, alles schon mal gehört, aber total egal, es hat Substanz und ist unwiderstehlich in dieser Kombination.

Die Besonderheit von Schimmerling ist die unbändige Energie in der Darbietung. Da ist echt was los auf der Bühne – Bewegung, Gefühle, Freundschaft. Simon ist ein guter Verkäufer seiner selbst, wenn er bald ohne T-Shirt, das Batman-Logo ziert seine Brust, mit kinskiesker Theatralik seine Message schmettert, als wären wir hier im Stadion, nicht im Club, tausende Zuhörende, nicht Hundert. Wir alle gegen Nazis, gegen das Patriachat, gegen Sexismus, allgemein gegen Scheiße und für die Liebe. Kann man nichts dagegen haben. “Newcomer-Band ist neidisch auf Rammstein” titelte der altehrwürdige Stern über das Interview mit Simon. Ich wette, das hat sich gegeben.

Fazit: Der großen Zitate Reigen, Falco und Grönemeyer singen Songs von der Münchener Freiheit, begleitet von der E Street Band. Vieles kommt einem bekannt vor, aber ist es nicht auch ein Geheimnis guter Popmusik, dass sie bekannt erscheint und eine heimelige Vertrautheit heraufbeschwört? Die Songs erscheinen in regelmäßigen Abständen auf den Streamern, mal mit, mal ohne Video. Vinyl wäre cool. 

Renés Kolumne „riffs & rants“ 🤘

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